Stromschlag tötet oft später

Mal ganz ehrlich: Wer von uns hat nicht schon einmal einen Stromschlag aus dem Lichtnetz erhalten?

Ein Kollege von mir hat in unserem Entwicklungslabor Routinemessungen an einem elektronischen Gerät vorgenommen. Alles war ordnungsgemäß vom Netz getrennt und gesichert. Nur ein Werkstudent war von den Maßnahmen nicht vollständig unterrichtet worden und legte, in einem unbeobachteten Moment, das Gerät wieder ans Netz. Der Kollege sah auch nicht nochmal genau hin, griff in das Gerät und saß als nächstes zitternd auf dem Fußboden. Zur Strecke gebracht von einem 220 V - Stromschlag. Sekunden später stand der Kollege schon wieder, noch etwas blaß um die Nase und meinte:

"Mensch, mit einem Stromschlag in den Knochen gehen wir noch lange nicht nach Hause."
"Und was soll ich jetzt mit einem Arzt?"
"Ist doch nichts passiert. Ich leb' doch noch..."

Glücklicherweise liessen sich die Kollegen von den Sprüchen nicht beeinflussen, hatten sofort "112" angerufen. Minuten später stand der Notarzt nebst Helfern, EKG und Defibrillator neben dem Kollegen. Ehe er sich versah, war er in der Horizontalen, verkabelt und mit allen profilaktischen Maßnahmen versehen und wurde mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren.

Mit einem Stromschlag in den Knochen sind wir im Krankenhaus am sichersten

Was den meisten unter uns nicht klar ist, sind die möglichen Folgen eines Stromschlages. Natürlich, erfolgt unmittelbar ein Herzstillstand durch den Stromschlag, leiten wir sofort lebensrettende Maßnahmen ein (Beatmung, Herzmassage). Nur kann ein Stromschlag auch erst später zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen und Herzstillstand führen. Das hat viele Menschen schon das Leben gekostet. Deshalb werden Patienten mit einem Stromschlag für mindestens 24 Stunden, auf einer kardiologischen Wachstation, unter Beobachtung gestellt. Herz- und Kreislauftätigkeiten werden ständig überwacht. Tritt während der Überwachung eine Störung auf, kann diese sofort behandelt werden.

Hat sich nach dieser Beobachtungszeit nichts ungewöhnliches ereignet, dann wird sich auch in Zukunft nichts tun, was als Spätfolge des Stromschlages bewertet werden kann. Der Patient kann, nach der Entlassung, wieder seinen normalen Tätigkeiten nachgehen.

24 Stunden für ein Weiterleben

Eine relativ kurze Verweildauer, die das Leben retten kann. Nach einem Stromschlag-Unfall muß man sich, auch wenn es einem hinterher vermeintlich gut geht, sofort um ärztliche Hilfe bemühen. Ignorieren Sie auch bei anderen Betroffenen jeden Widerspruch und rufen Sie "112". Später, wenn die Betroffenen merken, mit welcher Ernsthaftigkeit und welchem Aufwand die Ärzte zur Sache gehen, wird ihnen bewußt, in welcher Gefahr sie geschwebt haben.

Auch unserem Kollegen war dieses bewußt geworden. Drei Tage später, als er wieder zur Arbeit erschien, sagte er das mit einem Wort "Danke".



Zurück zu den Themen